Computergestützte Modellierung und digitale Fabrikation umweltaktiver keramischer Gebäudehüllen – Climate Active Envelopes
Ebene Mauerflächen neigen bei direkter Sonneneinstrahlung dazu, Wärme zu absorbieren und weiterzugeben, was zu Hitzestress bei den Stadtbewohnern führt (a). Durch Selbstbeschattungseffekte kann diese Hitzeabstrahlung reduziert und damit das Raumklima für die Bewohner verbessert werden (b). (Quelle: Prof. Dr.-Ing. Philipp Molter, studiomolter)
Die Aufheizung innerstädtischer Strukturen durch Sonneneinstrahlung, der sogenannte Urban Heat Island Effekt, ist nicht mehr nur ein Phänomen in südlichen Ländern. Auch Siedlungen in nördlicheren Breiten werden immer dichter und es entstehen mehr versiegelte Flächen, die sich im Zusammenhang mit Stadtmorphologie und Materialität an heißen Sommertagen durch Sonneneinstrahlung stark aufheizen und Wärmeenergie speichern. Für eine nachhaltige und klimaresiliente Zukunft müssen Stadtplaner ebenso wie Architektinnen neue technologische Lösungen für eine klimafreundliche Umgestaltung der Städte aufzeigen.
Neben der Intensivierung von Gebäudebegrünung gibt es nach aktuellem Stand der Technik heute bisher wenig andere tragfähige Konzepte zur Vermeidung oder Abschwächung lokaler Wärmeinseln in Städten. Wandkonstruktionen aus Ziegeln und keramischen Elementen bieten hier neben vielen bauphysikalischen Aspekten auch den Vorteil, dass sie neue Möglichkeiten architektonischer Gestaltung eröffnen. Außerdem sind bei diesen Materialien Kenntnisse über die Bautechnik weit verbreitet. Insbesondere energieeffiziente Wand- und Fassadengeometrien mit hohem hygrothermischen Speichervermögen bieten ein hohes Innovationspotenzial zur Reduzierung des Kühlbedarfs in Gebäuden.
Möglichkeiten zur Aktivierung klimaaktiver Eigenschaften – zum Beispiel von selbstverschattenden und bewässerten Ziegelsteinen – wurden bereits erarbeitet. Im Projekt Climate Active Envelopes sollen darüber hinaus Methoden entwickelt werden, diese Erkenntnisse in eine durchgängige digitale Kette zu überführen, die Planung, Simulation und eine digitale Fertigung miteinander integriert.
Ziel ist es, differenzierte Wandgeometrien im Entwurf thermisch zu bewerten, standortspezifisch zu optimieren und die damit verbundene Kette vom Entwurf bis zur Produktion in allen Schritten entscheidend zu verbessern.